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Mostar ist mit ca. 110000 Einwohnern größte Stadt und damit Zentrum der Herzegowina. Die Stadt liegt ca. 50 km vor der Mündung an der Neretva in einem Talkessel. Aufgrund dieser Lage gibt es in der Stadt auch im Winter nur selten Frost. Auf der anderen Seite kann die Temperatur im Sommer leicht über 40°C erreichen.

Früher war Mostar ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt auf dem Weg von der Adriaküste nach Sarajevo. Unter türkischer Herrschaft entwickelte sich die Stadt daher im Mittelalter zu einer Handels- und Handwerksmetropole. Vor allem Gold- und Silberschmiede, Schneider und Gerber ließen sich in der Stadt nieder. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Mostar auch zu einem Industriestandort im früheren Jugoslawien.

Mostar: Altstadt mit Mehmed Paša-Moschee (2003)
Mostar: Altstadt mit Mehmed Paša-Moschee (2003)

Vor dem Bürgerkrieg in in der Herzegowina galt Mostar zudem als eine der größten Attraktionen auf dem Balkan, da hier Christentum und Islam auf engstem Raum eine Einheit bildeten. Während des Bosnienkrieges machten die Auseinandersetzungen um die Stadt aber nicht einmal vor dem Wahrzeichen der Stadt, der Alten Brücke über die Neretva, halt. Sie wurde im November 1993 von kroatischen Truppen gesprengt, und fortan war der vorwiegend von Moslems bewohnte Ostteil der Stadt vom christlichen Westteil getrennt.

Auch nach dem Krieg blieb Mostar noch lange Zeit in eine kroatische und eine bosniakische Stadt mit jeweils eigener Verwaltung und eigener Infrastruktur geteilt. Erst 2004 erfolgte eine Neugliederung der Stadt in sechs Stadtgemeinden, die zusammen aber eine Einheit bilden.

Geschichte

Die ältesten Besiedelungsspuren in der Region Mostar gehen bereits auf die Steinzeit zurück. In der Bronzezeit war das Gebiet von illyrische Stämmen, vor allem von den Daorsen bewohnt. Aus dieser Zeit sind noch zahlreiche Grabhügel und Reste einiger Festungen erhalten.

Als die Römer im 2. Jh. in die Region vordrangen, mussten sie sich zunächst einmal gegen die zahlreichen Überfälle der einheimischen Bevölkerung verteidigen. Erst nachdem das Gebiet befriedet war, konnten Straßen und Siedlungen angelegt werden. Schon zu dieser Zeit war das Christentum um Mostar herum verbreitet, wie Ausgrabungen alter Kirchen beweisen.

Im 6./7. Jh. drangen die Slawen in den Balkanraum vor. In den folgenden Jahrhunderten siedelten sich vor allem Kroaten in der Region um Mostar an, um das Gebiet auf Bitten des oströmischen Kaisers Porphyrogenetus gegen die Awaren zu verteidigen. Im Gegenzug erlangte das zuvor von den Daorsen besiedelte Gebiet, das nun nach einem Berg oberhalb von Blagaj unter dem Namen Hum bekannt war, weitreichende Autonomierechte.

In der Folgezeit wurden dem Gebiet Hum, der heutigen Herzegowina, weitere Gebiete angeschlossen. Auch als Hum im 14. Jh. Teil des bosnischen Königreichs wurde sowie unter kroatisch-ungarischer Herrschaft behielt das Gebiet seine Autonomie. Dies änderte sich erst 1468 mit der Eroberung der Region durch die Türken.

Aufgrund seiner Lage an der wichtigen Handelsroute von der Küste ins bosnische Binnenland entwickelte sich Mostar nun zu einem wichtigen Handelsplatz, und Handwerker siedelten sich an - am linken Neretva-Ufer vor allem Gold- und Silberschmiede, am gegenüberliegenden Ufer vorwiegend Gerber. Für die durchreisenden Händler wurden einfache Gasthäuser (Hans) errichtet, und die Stadt gewann schnell an Wohlstand. Zu dieser Zeit entstanden die wichtigsten Bauten Mostars, darunter die Alte Brücke, mehrere Moscheen, der Uhrturm und das türkische Bad.

Mit der Niederlage der Türken bei Wien (1683) begannen auch in Mostar unruhigere Zeiten: Immer wieder gab es Überfällen durch die benachbarten Venezianer, und auch innerhalb der Bevölkerung wuchs aufgrund steigender Steuerabgaben der Widerstand, so dass die türkischen Machthaber mit immer neuen Zugeständnissen die Bevölkerung besänftigen mussten. So entstanden im 19. Jh. die alte und die neue orthodoxe sowie die römisch-katholische Kirche von Mostar.

1878 fiel die Herzegowina an Österreich-Ungarn. In der Folgezeit wurde die Bahnlinie Sarajevo-Dubrovnik gebaut, und mit der Eröffnung eines Kohlebergwerks und einer Tabakfabrik begann in Mostar nicht nur eine neue wirtschaftliche sondern auch eine kulturelle Blütezeit. Schulen wurden errichtet, und bekannte Schriftsteller veröffentlichten ihre Werke in Mostar.

Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde Mostar 1918 Teil des neuen jugoslawischen Königreichs, und die weitere Entwicklung der Stadt kam zum Stillstand. Im Zweiten Weltkrieg gewannen die Kommunisten zunehmend an Zuspruch, und 1941 konnte sich ein erstes 150 Mann starkes Partisanenbataillon etablieren. In den nächsten Jahren kam fast 10% der Bevölkerung im Krieg ums Leben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Mostar vor allem zu einem Zentrum der Aluminium- und Textilindustrie. Erst in den siebziger Jahren begann auch der Tourismus in der Stadt eine Rolle zu spielen.

Mostar im Balkankrieg

Im Frühjahr 1992 kam es nach gezielten Provokationen der Ethnien in Mostar zunächst zu Konflikten zwischen Reservisten der Jugoslawischen Volksarmee aus Serbien und Montenegro und der kroatischen und moslemischen Bevölkerung der Stadt. Die Reservisten riegelten die vorwiegend von Serben bewohnten Stadtgebiete ab und mishandelten die nicht-serbische Bevölkerung. Daraufhin verschanzte sich jede Volksgruppe in ihren Stadtteilen, und es kam immer öfter zu bewaffneten Angriffen zwischen den verfeindeten Gruppen. Als serbische und montenegrinische Heckenschützen damit begannen, die Stadt von den umliegenden Bergen zu beschießen, verschärfte sich der Konflikt, und bald befand sich Mostar ohne Strom- und Wasserversorgung und ohne Zugang zu Lebensmitteln im Belagerungszustand.

Mostar: Zerstörte Häuser (2007)
Mostar: Zerstörte Häuser (2007)

Im Sommer 1992 begann das jugoslawische Militär, sich aus Bosnien-Herzegowina zurückzuziehen. Damit wurde auch die Belagerung Mostars aufgehoben, und die Menschen begannen, ihre zerstörten Häuser wieder aufzubauen. In dieser kurzen Zeit der scheinbaren Ruhe kamen zahlreiche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen nach Mostar, während die serbische Bevölkerung ihre Häuser bereits weitgehend verlassen hatte.

Bereits im Herbst 1992 kam es erneut zu Spannungen, diesmal zwischen Kroaten und Muslimen. Während anderswo in Bosnien-Herzegowina Kroaten und Moslems gemeinsam gegen die bosnischen Serben käpften, begannen die Kroaten in Mostar nun einen Kampf um den Anschluss der Westherzegowina an das kroatische Mutterland. Unterstützt wurden sie dabei von der kroatischen Regierung unter Tuđman. Bald war Mostar abermals komplett von der Außenwelt abgeriegelt: Während Serben alle Straßen aus dem Umland abgeriegelt hatten, kontrollierten die Kroaten die direkten Zufahrtswege.

1993 riefen die kroatischen Nationalisten in den von ihnen besetzten Gebieten den unabhängigen Staat Herceg Bosna mit Hauptstadt West-Mostar aus. Bei den weiteren Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft in der Region wurde von den kroatischen Truppen am 9. November 1993 schließlich auch die Alte Brücke, das Wahrzeichen der Stadt, bei einem gezielten Angriff zerstört.

Erst im Frühjahr 1994 wurde durch erheblichen Druck der USA auf Kroatien und die kroatischen Nationalisten in der Herzegowina ein Waffenstillstand erzwungen. Bis dahin waren bereits große Teile der historischen Altstadt - vor allem im muslimischen Osten Mostars - zerstört.

Nach dem Ende des Bürgerkrieges blieb Mostar noch bis 2004 faktisch in eine kroatische und eine muslimische Stadt mit eigener Verwaltung geteilt. Erst im Januar 2004 erfolgte eine Verwaltungsreform, aufgrund derer die Stadt in sechs Stadtgemeinden eingeteilt wurde, die zusammen aber eine Einheit bilden.

Mostar: Wiederaufbau der Alten Brücke (2003)
Mostar: Wiederaufbau der Alten Brücke (2003)

Bereits kurz nach Ende der Kampfhandlungen begann in Mostar der Wiederaufbau der Altstadt. Aufgrund der Schwere der Schäden sind aber auch 15 Jahre später noch zahlreiche zerstörte Gebäude oder mit Granateinschlägen übersäte Fassaden neben neu errichteten oder restaurierten Häusern zu finden.

Auch die Alte Brücke wurde mit Unterstützung von UNESCO und Weltbank rekonstruiert und im Juli 2004, nur ein Jahr nach ihrer Wiedereröffnung, als bedeutendes Symbol für das friedvolle Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.

Links: Stadt Mostar, SWR - Schätze der Welt.

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