Bar
Die Stadt Bar (kyrillisch: Бар, 14000 Ew.) liegt 37 km südlich von Budva und 28 km nördlich von Ulcinj an der Küstenstraße im Süden der montenegrinischen Adriaküste. Sie besitzt einen bedeutenden Seehafen, der auch Ausgangspunkt der Bahnstrecke über Podgorica nach Belgrad ist, und ist das wirtschaftliche Zentrum an der montenegrinischen Adriaküste. Fähren verkehren regelmäßig nach Bari und Ancona in Italien. In den nächsten Jahren soll eine Autobahn von Bar nach Boljare an der serbischen Grenze errichtet werden und die Anbindung an das Hinterland weiter verbessern.
Neben dem Handel ist der Tourismus eine der Haupteinnahmequellen der Stadt. Nördlich der Stadt, an der sogenannten Riviera von Bar, liegen die vor allem bei Einheimischen sehr beliebten Badeorte Čanj, Sutomore und Šušanj.
Geschichte
Wie Funde von Töpferwaren aus dem 8.-6. Jh. v.Chr. belegen, war die Umgebung von Bar bereits in der Antike von Illyrern besiedelt. Im 3./4. Jh. n.Chr. ließen sich awarische Stämme in der Gegend nieder. Doch erst der römische Kaiser Justinian begründete im 6. Jh. die Stadt Bar, indem er nach der Verwüstung der Gegend durch die Serben ein älteres Kastell wiederaufbauen ließ.Als die Stadt im 9. Jh. erstmals schriftlich erwähnt wird, trug sie den Namen Antibareos oder Antibari. Der Name weist wahrscheinlich auf die Lage der Stadt genau gegenüber der italienischen Stadt Bari (216 km entfernt) hin, könnte allerdings auch illyrischen Ursprungs sein.
Ab 1042 gehörte Bar dem slawischen Fürstentums Zeta (Duklija) an, welches sich im 11. und 12. Jh. schrittweise aus dem byzantinischen Reich herauszulösen begann. Möglicherweise wurde hier im Jahr 1067 der erste serbische König Mihailo gekrönt.
Im Jahr 1089 wurde Bar Sitz eines Erzbistums. Anschließend begann auch für Bar eine Zeit mit wechselnden Herrschern. Die letzte Periode der byzantinischen Herrschaft f¨llt in die Zeit von 1166 bis 1183. Danach wurde die adriatische Küste von Stefan Nemanja erobert und Bar wurde Teil des serbischen Staates der Nemanjiden. Im 14. Jh. begann abermals eine Zeit wechselnder Herrschaft. Zeitweise herrschten die Venezianer, die ungarischen oder serbische Könige und Fürsten aus der Familie Balšić über die Stadt.
Von 1443 bis 1571 stand Bar unter der Herrschaft der Venedigs, die in der Stadt einen Capitano als Regenten einsetzte, der dem Provveditore von Kotor (Cattaro) unterstellt war. Bis zum Ende der venezianischen Herrschaft genoss Bar innere Autonomie, hatte ein eigenes städtisches Statut und Münzrechte. In der Blütezeit Anfang des 16. Jhs. lebten etwa 4000 Menschen in der Stadt und es gab etwa 30 Renaissance-Paläste sowie 16 Klöster und Kirchen.
Im Jahr 1528 wurde Bar erstmals von den Osmanen eingenommen, fiel aber erst 1571 endgültig und blieb danach über 350 Jahre im Besitz der Osmanen.
Während des osmanisch-monteneginischen Krieges wurde Bar 1877 von montenegrinischen Truppen angegriffen und zu großen Teilen zerstört. Ein Jahr später wurden dem Fürstentum Montenegro auf dem Berliner Kongress die Städte Bar und Ulcinj zugesprochen, wodurch Montenegro erstmals Zugang zum Meer erhielt. Die Stadt Bar, die schon seit dem 18. Jh. eine Zeit des Niedergangs erlebte, erholte sich nur schwer von den Schäden und die am meisten zerstörten Viertel wurden gar nicht mehr aufgebaut. Die Bevölkerung stagnierte in der Folgezeit bei etwa 3000 Einwohnern.
Im Jahr 1904 gelang dem Italiener Guglielmo Marconi die erste drahtlose Funkverbindung zwischen Bar und dem jenseits der Adria gelegenen italienischen Bari. Am 2. November 1908 wurde die Antivari-Bahn als erste Bahnverbindung in Montenegro von Bar nach Virpazar am Skutarisee (42 km) in Betrieb genommen. In der Folgezeit entwickelte sich der Hafen von Bar zu einem Handelshafen und die Stadt erlebte einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Während des Ersten Weltkriegs wurde Bar im Januar 1916 von österreichischen Truppen besetzt. Nach Ende des Krieges wurde die Stadt schließ Teil des neu gegründeten Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, dem späteren Jugoslawien. Bald darauf begann sich in den 1920er Jahren der Tourismus an der Adriaküste zu entwickeln.
Im Zweiten Weltkrieg war Bar ab 1941 zunächst unter italienischer, später unter Besatzung. Bereits im Juli 1941 begannen in der Umgebung der Stadt die ersten Widerstandsaktionen jugoslawischer Partisanen, doch erst 1944 konnte die Stadt von den Besatzern befreit werden.
1959 wurde Bar an die neue Normalspurbahn nach Titograd (Podgorica) angeschlossen, doch erst 1976 - nach 24 Jahren Bauzeit - wurde die komplette Bahnstrecke Belgrad-Bar fertiggestellt. Sie führt eingleisig durch die Gebirgswelt Montenegros und stellt mit über 500 Tunnels und Brücken eine der größten Leistungen jugoslawischer Ingenieurskunst dar. Danach wurde der Verkehr auf der alten Schmalspurbahn nach Virpazar eingestellt.
Nachdem ein schweres Erdbeben 1979 die Stadt zerstört hatte, wurde die auf einem Hügel landeinwärts liegende Altstadt (Stari Bar) aufgegeben und unmittelbar an der Küste in der Nähe des Hafens eine neue Stadt erbaut.
Sehenswertes
Das Stadtbild des neuen Bar, das sich erst zu Beginn des 20. Jhs. um den Hafen entwickelte ist geprägt von Wohnblöcken, einigen Hochhäusern und großen Hotelanlagen. Viel Raum nehmen auch das Hafengelände sowie ein großes Tanklager auf einer Landspitze am südlichen Ende des Hafens ein.
Bar: Njegoš-Villa (2014)
Etwa 200 m nördlich des Hafens ließ der damalige Prinz Nikola Njegoš in der Mitte des 19. Jhs. seine Sommerresidenz errichten. Sie wurde vom kroatischen Architekten Josip Slade aus Trogir entworfen und diente der Herrscherfamilie u.a. zum Empfang von Staatsgästen, die im Hafen von Bar anreisten. Vorbild waren Adels- und Patriziervillen an den oberitalienischen Seen. Der von einem Park umgebene Komplex besteht aus dem Veliki Dvorac (Großes Palais), das heute das Heimatmuseum beherbergt und dem Mali Dvorac (Kleines Palais), das Nikola 1885 als Geschenk für seine Tochter Zorka, die mit dem serbischen Kronprinzen Petar Karađorđević verheiratet war, hinzufügen ließ.
Stari Bar
Die Ruinenstadt Stari Bar liegt etwa 4 km südöstlich vom Zentrum der neuen Stadt auf einem Plateau an den felsigen Hängen des Rumija-Gebirges. Nachdem große Teile der Altstadt bereits nach dem Beschuss durch die Montenegriner im Jahr 1877 sowie zwei Explosionen in Munitionslagern 1881 und 1912 nicht wieder aufgebaut wurden, wurde die Stadt nach dem Erdbeben 1979 endgültig aufgegeben. Nur wenige Gebäude wurden seither restauriert.
Bar: Blick auf Stari Bar (2014)
Bereits in venezianischer Zeit entstanden die noch heute erkennbaren Befestigungsanlagen und Stadtmauern, die die Stadt umgeben. Unter osmanischer Herrschaft entstanden der Uhrturm (sat kula, 1752) an der Südseite, das Türkische Bad in der oberen Südhälfte sowie der Pulverturm unterhalb der Zitadelle im Norden.
Stari Bar: Uhrturm (2014)
Besonders sehenswert ist der ebenfalls von den Türken im 18. Jh. errichtete Aquädukt außerhalb der nördlichen Stadtmauer, dessen fragil wirkende Bögen selbst das schwere Erdbeben 1979 nahezu unbeschadet überstanden. Er gilt neben der zerstörten Brücke von Mostar als eines der bedeutendsten Zeugnisse für den hohen Stand der osmanischen Hochbaukunst.
Stari Bar: Aquädukt (2014)
Die ab dem 11. Jh. errichtete Zitadelle am nördlichsten Punkt der Stadt diente noch im Zweiten Weltkrieg den faschistischen Besatzern als Gefängnis. Heute hat man von den mit Zinnen besetzten Mauern der Zitadelle den besten Überblick über die Ruinenstadt.
Sehenswert sind auch die Reste der Kirche Sv. Veneranda an der östlichen Stadtmauer, der romanischen Markuskirche aus dem 14. Jh., der gotischen Kirche Sv. Katharina sowie der Bischofspalast im nordwestlichen Teil der Stadt. Gut erhalten sind außerdem einige Paläste sowie das Zollhaus im Eingangsbereich, in dem sich eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Stadt befindet.
Um die verlassene Altstadt von Bar hat sich das muslimische Viertel der Stadt ausgebreitet. Es gilt als nördlichste muslimische Siedlung an der Adriaküste und wird wird von kleinen Straßen mit zumeist zweistöckigen Wohn- und Geschäftshäusern sowie zahlreichen Moscheen mit ihren Minaretten dominiert. Steigt man vom Parkplatz unterhalb von Stari Bar in die Ruinenstadt hinauf, fühlt man sich in den engen Gassen an das muslimische Viertel in Mostar erinnert.
Etwa 3 km südöstlich von Bar in Richtung Ulcinj steht der alte Olivenbaum von Mirovica. Er ist über eine Stichstraße zu erreichen, die von der Küstenstraße abzweigt. Mit einem Alter von ca. 2300 Jahren gilt er als ältester Olivenbaum Europas und zeugt von der großen Bedeutung des Olivenanbaus für die Region im Süden Montenegros. Auch heute noch ist die Landschaft um Bar und Ulcinj von großen Olivenhainen geprägt.
Bar: Alter Olivenbaum von Mirovica (2014)
Riviera von Bar
Die Riviera von Bar erstreckt sich im wesentlichen entlang der Küste an der Bucht nördlich der Stadt. Weiter nördlich schließt der Badeort Čanj die Lücke zur Riviera von Budva.Čanj
Čanj (kyrillisch: Чањ), etwa 6 km südlich von Petrovac na moru und 14 km nördlich von Bar gelegen, ist der nördlichste Badeort an der Riviera von Bar. Vom alten Dorf an der Küstenstraße zweigt eine Straße in den Badeort am Meer ab. Čanj besitzt einen 1200 m langen Kiesstrand und ist mit zahlreichen einfachen Hotels und Unterkünften vor allem bei Serben, Tschechen und Ungarn beliebt. Am Wochenende kommen zahlreiche Wochenendurlauber aus dem montenegrinischen Hinterland und Podgorica hinzu, die den neuen Straßentunnel nutzen, der nur wenige Kilometer südlich des Ortes ins Landesinnere führt.Haj Nehaj
In der Siedlung Haj Nehaj, zwischen Čanj und Sutomore gelegen, zweigt die neue Straßenverbindung von der Küste ins Landesinnere von der Küstenstraße ab. Dank eines mautpflichtigen Straßentunnels verkürzt sie die Fahrzeit in die Hauptstadt auf ca. 45 Minuten.Oberhalb der Siedlung befinden sich auf einem Felshügel die Ruinen der ehemaligen türkischen Festung Haj-Nehaj. Ursprünglich von den Venezianern als Fortezza de Spizzi gegründet und 1542 erstmals schriftlich erwähnt, wurde die Anlage wahrscheinlich rein militärisch genutzt. Einziges ziviles Bauwerk innerhalb der Festung ist die kleine Kirche Sv. Dimitri auf dem höchsten Punkt des Hügels. Der mühsame Aufstieg zur Festung wird vor allem nachmittags durch einen großartigen Ausblick belohnt.
Sutomore
Das knapp 10 km nördlich von Bar gelegene Städtchen Sutomore (kyrillisch: Сутоморе, 1800 Ew.) ist das Zentrum des Tourismus an der Riviera von Bar. Der an einer kleinen Bucht gelegene Ort entstand erst Mitte in der Mitte des 19. Jhs., als sich die Bewohner aus dem Hinterland an der Küste niederließen. Heute türmen sich direkt hinter dem Strand mit dem üblichen Amüsierangebot und der im Sommer völlig verstopften Uferpromenade mit Cafés, Kneipen und Bars die Hotels in mehreren Reihen.
Sutomore (2014)
Sutomore ist wie das benachbarte Čanj vor allem bei einheimischen Touristen sehr beliebt. Dazu trägt sicher auch die Tatsache bei, dass Sutomore als einziger Badeort Montenegros über einen Bahnhof verfügt und mit dem Auto durch den neuen Straßentunnel, der nördlich des Ortes in Richtung Podgorica führt, schnell aus dem Hinterland zu erreichen ist.