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Senj

Die Stadt Senj (5000 Einwohner) liegt etwa 70 km südöstlich von Rijeka an der Küstenstraße und war einst das Zentrum der berüchtigten Uskoken. Die Stadt, durch die der 45. Breitengrad verläuft, wird bewacht von der wuchtigen Burg Nehaj, die auf einem Berg oberhalb der Stadt thront.

Senj: Blick vom Hafen zur Burg Nehaj (2009)
Senj: Blick vom Hafen zur Burg Nehaj (2009)

Das Hinterland von Senj bilden die Gipfel der Gebirge Mala und Velika Kapela sowie das Velebit-Massiv. Daher herrschen in der Stadt oft starke Fallwinde (Bora), die Senj im Winter zum kältesten Küstenort Kroatiens machen.

Heute ist Senj vor allem als Verkehrsknotenpunkt bekannt. Von Senj aus führt eine Straße in die Hochebene Lika im Binnenland. Der 689 m hohe Pass Vratnik zwischen Kapela- und Velebit-Gebirge ist der niedrigste Durchlass von der Küste ins Hinterland weit und breit.

Geschichte

Bereits zu römischer Zeit galt die ursprünglich liburnische Siedlung Senj - damals Portus Senia - als wichtiger Hafen und Tor zum Binnenland. Als die Gegend von den Kroaten besiedelt wurde, bauten sie ihre Stadt auf den Resten der römischen Siedlung.

Im Jahre 1271 kam die Stadt in den Besitz der Frankopanen, einem kroatischen Adelsgeschlecht von der Insel Krk. 1469 wurde Senj vom ungarischen König Matthias Corvinus zur freien Königsstadt erklärt und Hauptort des neu gegründeten Kapitanats an der kroatischen Militärgrenze.

Ab 1526 suchten immer mehr Flüchtlinge aus den von den Türken eroberten Gebieten Zuflucht in der nunmehr unter österreichischer Verwaltung stehenden Stadt. Darunter waren auch die sog. Uskoken (von kroat. uskočiti = einspringen) aus der Umgebung von Klis, die als Soldaten bereits in Dalmatien im Kampf gegen die Türken eingesetzt wurden und später immer wieder zur Unterstützung der österreichischen Truppen angefordert wurden.

In der Folgezeit griffen die Uskoken, sowohl zu Lande als auch zu Wasser, von Senj aus immer wieder die Türken an. Nachdem die Venezianer 1540 einen Friedensvertrag mit den Osmanen geschlossen hatten, zählten auch sie zu den Feinden, und die Angriffe wurden entlang der gesamten Küste Norddalmatiens und Istriens ausgedehnt. Dies führte letztlich zu den österreichisch-venezianischen Uskokenkriegen (1615-1617). Nachdem es am Ende des Krieges zwischen Österreich und Venedig zum Ausgleich kam, wurden die Uskoken aus Senj vertrieben, und die Stadt verlor rasch an Bedeutung.

Im 18. Jh. erlebte die Stadt noch einmal eine Blütezeit: Nachdem Kaiser Karl VI. die Straße Rijeka-Senj ausbauen ließ, wurde 1779 unter Joseph II. auch die Passstraße über den Vratnik fertiggestellt. Die sog. Josephina bot eine sichere Verbindung von Senj über Karlovac nach Zagreb und Wien und vereinfachte den Handel mit dem Binnenland, der bis dahin noch mit Mauleseln bewältigt wurde. Als jedoch 1873 die Bahnlinie von Budapest und Wien über Zagreb nach Rijeka die Küste erreichte, verlor Senj als Handelsplatz gegenüber dem aufstrebenden Rijeka rasch an Bedeutung.

Stadtrundgang

Im Mittelalter war Senj vollständig von einer festungsartigen Stadtmauer mit viereckigem Grundriss umgeben. Von der im 13.-15. Jh. errichteten Befestigung und den ursprünglich 13 Türmen sind neben Mauerresten noch einige Türme erhalten: Der Turm Šabac am Hafen wird heute als Hafen- und Fremdenverkehrsamt genutzt, der Turm Nasa gleich gegenüber ist heute ein Gasthaus. Daneben ist noch der Leo-Turm im Nordosten der Stadt gut erhalten. Andere Türme sind dem Straßenbau oder der Umgestaltung der Stadt zum Opfer gefallen.

Von der Uferstraß gelangt man zu Fuß in etwa 5 Minuten zum Hauptplatz der Stadt, den Velika Placa (Trg Cilnica). Er zählte früher zu den schönsten barocken Plätzen an der kroatischen Küste. Heute sind viele der angrenzenden Gebäude jedoch in einem schlechten Zustand und bedürfen dringend einer Sanierung. Auf dem Weg zum Hauptplatz passiert man den Posedarić-Palast, ein reich geschmücktes Uskokenhaus, an dem man noch den einstigen Reichtum der Stadt ablesen kann.

In der Mitte des Platzes befindet sich ein Springbrunnen, der von einem österreichischen Baumeister Mitte des 19. Jh. errichtet wurde. Die Ostseite des Platzes bildet das Kastell, in dem einst die Frankopanen residierten. Die 1340 errichtete und zuletzt im 18. Jh. umgebaute Festung war später auch Sitz der Senjer Kapitäne (Bürgermeister) sowie ab 1896 Konvikt.

Das Große Tor (Velika Vrata) hinter dem Kastell wurde im 18. Jh. errichtet und im 19. Jh. umgestaltet. Hier endete die 1769 fertiggestellte Josephina, die von Senj nach Karlovac führte. Daran erinnert eine Tafel mit Habsburgerkrone und der Aufschrift "Josephinae finis".

Senj: Stadttor (2009)
Senj: Stadttor (2009)

Hinter dem Tor beginnt ein Weg, über den man in ca. 10 Minuten die 1551-1558 vom Uskokenführer Ivan Lenković und dem damaligen Bürgermeister Herbert VIII. Ausperger errichtete Festung Nehaj oberhalb der Stadt erreichen kann. Die von Bämen umgebene Festung besitzt einen quadratischen Grundriss mit 23,50 m Seitenlänge und hat einen offenen Innenhof. Die vier Ecktürme sowie die bis zu 3 m dicken, fensterlosen Mauern mit Schießscharten lassen die dreigeschossige Burg fast uneinnehmbar erscheinen - daher auch der Name Nehaj ("Fürchte nichts!"). Von ihren Wehrgängen und Ecktürmen bietet sich ein herrlicher Rundblick auf die Stadt und die Inseln vor der Küste.

Senj: Festung Nehaj (2003)
Senj: Festung Nehaj (2003)

Nachdem die Burg in den 70er Jahren restauriert wurde, beherbergt sie heute u.a. eine Ausstellung über die Uskoken in Senj und ihren Kampf gegen die Türken. Im Erdgeschoss wurden bei Ausgrabungen Reste älterer Bauten - darunter eine kleine Kirche - gefunden, die zum Bau der Festung abgetragen wurden. Außerdem besitzt die Burg glagolitische Inschriften, z.B. die "Tafel von Senj" (Senjska Ploča).

Am westlichen Rand der Altstadt, nahe des Hafens, befindet sich die im 11. Jh. erbaute, ursprünglich romanische Kathedrale Sv. Marija. Die beiden Seitenschiffe wurden im 18. Jh. angebaut. Dabei wurde auch der Innenraum im Barockstil umgestaltet. Auffällig ist die asymmetrische Frontseite mit Zwergarkaden und einem Renaissance-Portal. Der Glockentrum wurde erst um 1900 anstelle eines eingestürzten Campaniles errichtet. Im Innern der Kirche gibt es mehrere Barockaltäre sowie das gotische Grabmal des Senjer Bischofs Ivan Cardinalibus (1392) zu sehen. Nachdem die Kirche im 2. Weltkrieg schwer beschädigt wurde, wurde sie nach dem Krieg 1947 gründlich restauriert.

Neben dem Glockenturm befand sich im 15. Jh. die wahrscheinlich älteste Druckerei Kroatiens. Heute erinnert nur noch das Portal mit glagolitischer Inschrift "1477" an diese Zeit.

Ebenfalls nur unweit der Kathedrale steht der Vukasović-Palast, der mit Stilelementen der Gotik und der Renaissance ausgestattet ist. Er beherbergt heute das Stadtmuseum mit einer archäologischen Sammlung, einer Ausstellung zur Seefahrt in Senj und einem naturkundlichen Teil zur Flora und Fauna des Velebit.

In der Nähe des Hafens steht das Denkmal für den Befreiungskampf 1941-45. Es wurde 1957 errichtet und zeigt drei grimmige Gestalten, die nach Art eines Lenin-Denkmals den Freiheitskampf und wohl auch den Kampf für den Sozialismus darstellen.

Südlich von Senj gibt es an der steilen Felsküste unterhalb des Velebit-Massivs, Podgorje genannt, auf einer Strecke von 30 km nur kleine Fischerdörfer. Die Küstenstraße windet sich hier zum Teil sehr kurvenreich weit oben an den Karsthängen entlang.

Sv. Juraj

Etwa 10 km südlich von Senj liegt der kleine Badeort Sv. Juraj. In seiner Umgebung gibt es mehrere schöne Badebuchten mit Kiesstrand sowie eine Feriensiedlung. Am Fischerhafen des Ortes gibt es mehrere gute Lokale. Der Ort wird gerne als Ausgangspunkt für Wanderungen ins Velebit-Massiv genutzt, das an dieser Stelle bis zu 1700 m aufragt.

Jablanac

Das Dorf Jablanac liegt ca. 40 km südlich von Senj in einer gut vor Wind geschützten, schmalen Bucht gegenüber der Insel Rab. Es ist daher vor allem als Fährhafen bekannt: Tagsüber verkehren stundlich Fähren zum Anlegepunkt Mišnjak im Süden der Insel Rab.

Mit einem kleinen Hotel, Restaurant und Café ist der kleine Ort (120 Einwohner) am Fuße des Velebit-Massivs aber auch als Ausgangspunkt für Bergtouren in das nördliche und mittlere Velebit beliebt. Die Villa Hirtz auf einer 20 m hohen Felsklippe gegenüber dem Hotel Ablana gilt als die am niedrigsten gelegen Berghütte der Welt.

Jablanac: Fährhafen (2009)
Jablanac: Fährhafen (2009)

Auf dem Felsenkap vor dem Hafen, wo heute das Hotel steht, befand sich vom 13.-16. Jh. das von den Frankopanen errichtete Kastell Ablana. Heute sind nur noch Reste der mittelalterlichen Burg vorhanden.

Südlich des Ortes erreicht man in wenigen Minuten über einen schmalen Uferweg die stark verkarstete Zavratnica-Bucht. Sie ist vor allem wegen ihrer steil aufragenden Felswände sehenswert.

Bademöglichkeiten gibt es in der Bucht Štinica nördlich des Ortes, wo sich auch eine kleine Feriensiedlung befindet.

Nationalpark Nördliches Velebit

Etwa 20 km südlich von Senj beginnt der 1999 ausgewiesene, 109 km2 große Nationalpark Nördliches Velebit (Sjeverni Velebit). Er umfasst den nördlichen Teil des bereits seit 1981 von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärten Velebit-Massivs, zu dem auch der Nationalpark Paklenica im Süden gehört.

Neben einem Botanischen Garten umfasst der Nationalpark auch die an Almen erinnernde Berglandschaft aus Kalkstein zwischen dem Mali Rajinac (1699 m) und dem urwaldartigen Waldgebiet Štirovača (1356 m) oberhalb von Jablanac. In dem Gebiet sind über 2600 Pflanzenarten, davon rund 80 endemische Arten und zahlreiche Heilkräuter, sowie mehrere seltene Tierarten wie Wolf, Wildkatze, Braunbär, Leopardennatter, Habichtadler oder Gänsegeier zu Hause.

Den im Jahr 1967 auf einer Fläche von 50 ha angelegten Botanischen Garten Velebit erreicht man, indem man südlich von Sv. Juraj von der Küstenstraße auf die kurvenreiche Straße in Richtung Krasno abbiegt. Hinter dem Bergdorf Oltari (1027 m) zweigt rechts ein Schotterweg in den Wald ab. Er führt auf den nur im Sommer schneefreien Bergsattel zwischen dem Veliki Zavižan (1677 m) und dem Vučjak (1645 m) hinauf, an dessen Südflanke sich der Botanische Garten befindet. Bei einem Rundgang (2-3 Stunden) kann man die gesamte "Flora Velebitca" erfassen. Von der Berghütte Zavižan (1524 m) oberhalb des Botanischen Gartens hat man einen herrlichen Blick auf das Hinterland, aufs Meer und auf die Insel Rab.

Bereits in den 1930er Jahren entstand ein Höhenwanderweg entlang des nördlichen und mittleren Velebit. Er führt über 57 km vom 700 m hohen Vratnik-Pass oberhalb von Senj bis zum 929 m hohen Pass Baške Oštarije oberhalb von Karlobag. Der schönste Abschnitt, der ca. 17 km lange Primužićeva staza, verläuft vom 1677 m hohen Veliki Zavižan zum Veliki Alan (1612 m) oberhalb von Jablanac. Er durchquert südlich vom Botanischen Garten das bizarre Felsenlabyrinth Rožanski kukovi und Hajdučki kukovi mit bis zu 200 m hohen, stark zerklüfteten Kalkfelsen.

Prvić, Sveti Grgur und Goli Otok

Einige Kilometer südlich von Senj liegen zwischen den Inseln Krk und Rab die drei Felseninseln Prvić, Sveti Grgur und Goli Otok. Nach dem Wiener Kongress 1815 gehörten Prvić und Goli Otok zum kroatischen Küstenland, während Sveti Grgur sowie die Insel Rab dem österreichischen Kronland Dalmatien angehörten.

Blick zur Insel Goli Otok (2009)
Blick zur Insel Goli Otok (2009)

Die Inseln Goli Otok (Nackte Insel) und Sv. Grgur waren zur Zeit Titos als Gefängnisinseln. Vor allem Goli Otok war sehr berüchtigt: Auf der von der Sonne ausgebleichten und von der Bora fast völlig leer gefegten Insel ließ Tito nach dem Bruch mit Stalin (1948) die Stalinisten und andere Abweichler von der Parteilinie inhaftieren. Erst Anfang der 1960er Jahre, nachdem sich das Verhältnis zur Sowjetunion verbessert hatte, wurde das Arbeitslager aufgelöst.