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Pazin

Die Stadt Pazin (5500 Einwohner) liegt im Zentrum der Halbinsel Istrien am Schnittpunkt der wichtigsten Hauptstraßen in Nord-Süd- und West-Ost-Richtung. Alle wichtigen Küstenorte sind weniger als 50 km entfernt: So sind es nach Poreč an der Westküste 32 km, nach Pula im Süden der Halbinsel 44 km und nach Labin an der Ostseite 35 km. Außerdem liegt Pazin an der für Istrien wichtigen Bahnlinie von Pula nach Divača in Slowenien, wo Anschluss in Richtung Triest und Ljubljana besteht.

Pazin (ital.: Pisino) gilt seit jeher als Wirtschafts- und Handelszentrum für die vorwiegend landwirtschaftlich geprägte Umgebung. Seit 1991 ist die Stadt auch wieder Verwaltungssitz für ganz Istrien.

Die typisch inneristrische Bergstadt besitzt mit Ausnahme ihres Kastells an der Fojba-Schlucht nur wenige Sehenswürdigkeiten. Dennoch ist sie bei Tagestouristen sehr beliebt, da das von der deutschen bzw. habsburgischen Vergangenheit geprägte Stadtbild einen interessanten Kontrast zu den venezianisch geprägten Küstenorten bietet. Zudem liegt Pazin in einer landschaftlich sehr abwechslungsreichen Umgebung: Hier treffen der weiße Karst aus dem Norden Istriens, die rote Erde vom Süden und Westen der Halbinsel sowie das Schiefergrau Inneristriens aufeinander. Dicht bewaldete Hügel wechseln mit engen Tälern und karstigen Schluchten ab, in denen kleinere Flüsse immer wieder vom Karstboden verschluckt werden, um ein Stück weiter wieder hervorzutreten.

Geschichte

Bereits im 9. Jh. gab es an der Fojba-Schlucht eine Festung. Sie wurde später zum Kastell erweitert und erstmals im Jahr 983 in einem Schriftstück von Kaiser Otto II. als Besitz der Bischöfe von Poreč erwähnt.

Im 12. Jh. gehörte das Castrum Pisinum dem karolingischen Fürsten Meinhard Schwarzenberg (Černogradus), der die reiche Markgrafschaft Pisinum gründete. In der Folgezeit hatte das Gebiet mehrere Besitzer. 1248 ging die Grafschaft an die Grafen von Görz (heute Gorizia) und 1374 an die Habsburger über. Diese vergaben sie als Lehen an verschiedene Familien.

Im 15. Jh. umfasste die Grafschaft bereits alle umliegenden Gemeinden und deren Ländereien sowie die Ostküste Istriens. 1471 kam auch die Stadt Rijeka in den Besitz der Grafen von Pazin.

Im 16. Jh. gab es zunehmend Widerstand von den oftmals verarmten Bauern. Er gipfelte 1571 in einem Aufstand gegen die Grafen, der gewaltsam niedergeschlagen wurde.

Ab 1766 herrschte die reiche Familie Montecuccoli über die Region. Ihre Blütezeit erlebte die Stadt Pazin, auf deutsch Mitterberg, nachdem sie 1825 Verwaltungshauptstadt der österreichischen Provinz Istrien wurde. Als 1861 Poreč diese Funktion übernahm, verlor die Stadt schnell wieder an Bedeutung, blieb aber kulturelles Zentrum der istrischen Kroaten die hier 1899 das erste kroatische Gymnasium in Istrien gründeten.

Nach dem Ende des 1. Weltkriegs stand Pazin wie das übrige Istrien unter italienischer Verwaltung und die Festung wurde zum Gefängnis. Bald regte sich der Widerstand gegen die strenge Italianisierungspolitik und Inneristrien bis hin zum Berg Učka wurde zu einem Zentrum des Partisanenkampfes gegen die italienischen Faschisten.

Nach der Kapitulation Italiens im 2. Weltkrieg (1943) wurde Istrien mit dem faschistischen Kroatien vereinigt. Erst am 6. Mai 1945, kurz vor Ende des Krieges, wurde die Stadt endgültig von den Faschisten befreit.

Nach dem Verfall der sozialistischen Republik Jugoslawien und der Gründung des unabhängigen Staates Kroatien (1991) wurde Pazin wieder Sitz der istrischen Provinzverwaltung. Dabei konnte sich die Stadt nur knapp gegenüber der Hafenstadt Pula behaupten.

Sehenswertes

Obwohl Pazin neben der Festung kaum nennenswerte Sehenswürdigkeiten aufzuweisen kann, lohnt sich auch ein kurzer Besuch der Innenstadt, da man hier gut das Alltagsleben einer inneristrischen Stadt beobachten kann.

Im Park am Trg Slobode kann man mehrere Denkmäler mit Darstellungen aus dem Partisanenkampf entdecken, darunter auch eines von Dušan Džamonja aus Vrsar.

Die im Jahr 1266 im Süden der Stadt errichtete Pfarrkirche Sv. Nikola wurde mehrfach erweitert und im 18. Jh. barockisiert. Ihr Glockenturm wurde im Jahr 1705 hinzugefügt. Der gotische Chor mit Sternrippengewölbe wurde 1441 fertiggestellt. Beeindruckend sind die um 1460 von einem unbekannten Südtiroler Künstler geschaffenen Fresken, darunter eine dramatische Darstellung der "Kreuzigung".

Die Franziskanerkirche und das angrenzende Kloster wurden in der 2. Hälfte des 15. Jh. errichtet. Ihr Chor ist ähnlich dem in der Pfarrkirche gestaltet. Das Altarbild wurde 1536 von Girolamo da Santacroce geschaffen.

Das bedeutendste Bauwerk von Pazin ist die im 9. Jh. gegründete Festung, die ihr heutiges Aussehen nach mehreren Erweiterungen und Ausbauten im 13.-16. Jh. erhielt. Die auf einem Felsplateau über dem finsteren Felsabgrund der Fojba-Schlucht errichtete Burg gilt als größte und besterhaltene Burganlage Istriens.

Pazin: Festung (2009)
Pazin: Festung (2009)

Die Anlage besteht aus vier Flügeln um einen Innenhof, der von einer Zisterne dominiert wird. Sie wird außen von den Wappen der früheren Besitzer der Stadt Pazin geschmückt, darunter die Bischöfe von Poreč, die Patriarchen von Aquileia, die Wittelsbacher, die Habsburger und die Montecuccoli. In ihrem Inneren ist heute das istrische Volkskundemuseum (Etnografski muzej Istre) untergebracht. Es zeigt u.a. Trachten, Musikinstrumente, Möbel und Handwerksgeräte aus verschiedenen Jahrhunderten sowie eine Sammlung alter Kirchenglocken.

Vom Restaurant und der Aussichtsterrasse oberhalb der Festung hat man einen beeindruckenden Ausblick auf die Fojba-Schlucht, dem 130 m tiefen Einsturztrichter einer Doline direkt unterhalb der Burg.

Pazin: Fojba-Schlucht (2012)
Pazin: Fojba-Schlucht (2012)

Aufgrund ihrer Lage hat die Festung seit jeher die Phantasie der Menschen angeregt: Der Dichter Dante Alighieri, der Pazin zu Beginn des 14. Jhs. nach seiner Verbannung aus Florenz besuchte, sah in der Fojba-Schlucht den Höllenschlund, was ihn zu seinem berühmten Werk Inferno inspirierte. Auch der dalmatinische Dichter Vladimir Nazor sowie Jules Verne haben die Festung literarisch verarbeitet.

Beram

Etwa 5 km nordwestlich von Pazin gelangt man in das kleine, auf einem bewaldeten Hügel errichtete Bauerndorf Beram (ital.: Vermo). Im Zentrun des Ortes steht die 1431 errichtete Pfarrkirche Sv. Martin mit glagolitischen Inschriften und Fresken eines unbekannten Malers aus dem Friaul (15. Jh.). Auch das spätgotische Steinrelief mit der Reiterfigur des Hl. Martin wurde von einem unbekannten Künstler geschaffen.

Von herausragender kulturgeschichtlicher Bedeutung ist Beram aber wegen der kleinen Bruderschaftskirche Sv. Marija na Škrilnah (Hl. Maria im Fels) auf dem Waldfriedhof nordöslich des Ortes. In ihr befindet sich ein 1474 vom Meister Vincent de Castua (Vincent von Kastav) geschaffener Freskenzyklus, der deutlich von der Tiroler Schule und von italienischen Wandmalereien beeinflusst wurde. Er wird in seiner Schönheit und Klarheit wahrscheinlich nur noch von dem Freskenzyklus im slowenischen Hrastovlje übertroffen, der 1490 von seinem Sohn Ivan de Castua geschaffen wurde.

Auf 46 rechteckigen Bildfeldern, die drei Wände der Kirche zieren, beinhaltet der Zyklus eine Bilderbibel für die Armen (Biblia pauperum) mit Darstellungen aus dem Leben Christi und der Muttergottes sowie einen Totentanz (Danse macabre). Wie in der Sakralkunst der damaligen Zeit üblich, wurden alle biblischen Szenen in das Umfeld der Menschen verlegt. Somit vermitteln die Darstellungen auch ein beeindruckendes Bild vom Leben in den mittelalterlichen Städten. Besonders erwähnenswert ist die 8 m lange "Anbetung der Heiligen Drei Könige" im oberen Teil der Nordwand.

Beram: Totentanz (2009)
Beram: Totentanz (2009)

Höhepunkt des Freskenzyklus ist eine 7 m lange Darstellung des menschlichen Lebens an der Stirnseite der Kirche. Getreu dem Volkglauben spiegelt es sich in den drei Szenen "Sündenfall", "Fortuna dreht das Glücksrad" und "Totentanz" wider. Beeindruckend führt der fröhliche Sensenmann die Reihe von Papst, Kardinal und Bischof, König und Königin, Wirt, Kind und Krüppel, Soldat und Kaufmann an. Letzterer verweist vergeblich auf das Lösegeld auf dem Tisch.

Neben dem weltberühmten Freskenzyklus besitzt die Kirche eine bemalte Holzdecke aus dem 18. Jh., welche als typisches Beispiel für den volkstümlichen Barock dieser Zeit gilt.

Triviž

Etwa 7 km nordwestlich von Pazin liegt das kleine Dorf Trviž. Es entwickelte sich im Mittelalter ebenfalls zu einem Kastell, von dem heute aber nur noch Reste vorhanden sind. Sehenswert ist die im 11./12. Jh. errichtete und im 13./14. Jh. umgebaute Kirche Sv. Petar auf dem Friedhof mit Fresken aus dieser Zeit sowie glagolitischen Inschriften von 1553.

Tinjan

Das kleine Hügelstädtchen Tinjan wurde auf einem 319 m hohen Plateau am westlichen Rand des schluchtartigen Tals Limski draga errichtet, das vom Limkski kanal bis nach Pazin reicht. Der Ort vermittelt noch einen guten Eindruck von der Zeit der Feudalherrschaft in Istrien, als sich die verarmten Bauern gegen die im Wohlstand lebenden Herren erhoben. Gute einheimische Kost bietet die Konoba im Ort.

Sveti Petar u Šumi

Der Ort Sv. Petar u Šumi (St. Peter im Wald) liegt am Rand der Schlucht Limski draga etwa 11 km südwestlich von Pazin und genauso weit entfernt von Kanfanar. Er wurde nach dem gleichnamigen Paulanerkloster in seiner Mitte benannt. Heute ist der im 13. Jh. errichtete und im 15. und 18. Jh. umgebaute Klosterkomplex allerdings verlassen. Nur die große, im 18. Jh. vollständig barockisierte Klosterkirche wird noch als Pfarrkirche genutzt. Mit ihrer gut erhaltenen barocken Einrichtung - Chorgestühl, Kanzel und Orgel stammen noch aus dem 18. Jh. - gilt sie als Besonderheit in Istrien.

Sv. Petar u šumi: Klosterkirche (2009)
Sv. Petar u šumi: Klosterkirche (2009)

In der Umgebung des Ortes kann man gut den Übergang der fruchtbaren, süd- und westistrischen Landschaft in die von Schiefergestein geprägte mittelistrische Gebirgsregion verfolgen.

Kanfanar

Etwa 18 km südwestlich von Pazin, an der Straße nach Rovinj liegt das Städtchen Kanfanar (ital.: Canfanro). Hier ist vor allem die nördlich des Ortes gelegene vorromanische Kirche Sv. Agata sehenswert. Ihre byzantinischen Wandmalereien aus dem 11. und 12. Jh. gelten als die ältesten erhaltenen Wandgemälde auf der istrischen Halbinsel.

Dvigrad

Nordwestlich von Kanfanar, in der Schlucht der Limski draga, liegt die im Jahr 1630 während einer Pestepidemie verlassene Stadt Dvigrad (ital.: Due Castelli). Ihr Name erinnert an zwei Burgen, die hier im Mittelalter auf einer Hügelkuppe standen und den damals bedeutenden Handelsweg von Pazin an die Küste bewachten. Heute kann man nur noch die von Efeu überwucherten Ruinen der einst sehr mächtigen Stadt mit Mauern, Wehrtürmen und Resten der Basilika Sv. Marija od Lokvića besichtigen. Man erreicht sie über eine Straße, die etwa 3 km westlich von Kanfanar nach Norden in die Schlucht abzweigt.

Ruinenstadt Dvigrad (2012)
Ruinenstadt Dvigrad (2012)

Žminj

Die einstige venezianisch-österreichische Grenzstadt Žminj, ca. 15 km südlich von Pazin an der Straße in Richtung Vodnjan gelegen, wurde kurz vor dem Ende des 2. Weltkriegs von Deutschen Verbänden bombardiert. Dennoch blieb ein Großteil ihrer mittelalterlichen Stadtbefestigung erhalten. In der kleinen Stadt sind gleich mehrere alte Kirchen sehenswert:

Die Pfarrkirche Sv. Mihovil aus dem 16. Jh. ist mit einer schönen hölzernen Pala, die die "Anbetung der Hirten" dargestellt, sowie mehreren Gemälden von venezianischen Künstlern aus dem 17./18. Jh. ausgestattet. In der Trinitatiskapelle (Sv. Trojstvo) aus dem 15. Jh. direkt neben der Pfarrkirche kann man zahlreiche mittelalterlichen Fresken bewundern, darunter eine schöne "Gottesmutter mit Kind". Auch in der im Jahre 1381 von einem Meister Amerigus errichteten Kapelle "Hl. Anton der Abt" sind Fresken von unbekannten venezianischen Malern zu finden.

Žminj: Pfarrkirche (2012)
Žminj: Pfarrkirche (2012)

Typisch für die landwirtschaftlich geprägte Gegend um Žminj sind die "Kažuni", in Trockenmauertechnik aus Stein errichtete Lagerhäschen für die Feldfrüchte und Geräte der Bauern. Man kann sie noch in größerer Anzahl in der Umgebung des Ortes finden.

Svetvinčenat

Das kleine Städtchen Svetvinčenat (ital.: Sanvincenti), etwa 6 km südlich von Žminj auf halber Strecke zwischen Vodnjan und Pazin gelegen, ist vor allem wegen seines gut erhaltenen Hauptplatzes aus der Renaissance sehenswert. Zu dem Renaissance-Ensemble gehören die gut erhaltene viereckicke Festung der venezianischen Familie Grimani, die 1589 mit vier Türmen errichtet wurde, der Stadtpalast und die Loggia aus dem 15./16. Jh. sowie die dreischiffige Kirche Mariä Verkündigung.

Svetvinčenat: Hauptplatz (2012)
Svetvinčenat: Hauptplatz (2012)

Der Name des erstmals im 10. Jh. erwähnten Ortes leitet sich von der kleinen Kirche ab, die sich auf dem Friedhof des Ortes befindet. Sie wurde von Benediktinern errichtet, die hier im 12.-14. Jh. lebten.

Lindar

Nur 4 km östlich von Pazin befindet sich das Dorf Lindar. Es wurde auf einem 461 m hohen Hügel errichtet, von dem man einen guten Ausblick auf das benachbarte Pazin hat. Im Zentrum des einstmals vollständig von einer Wehrmauer umgebenen Ortes ist sind noch mehrere niedrige Wohnhäuser aus der Zeit der Renaissance sowie die Loggia aus dem 17. Jh. erhalten. In der im 14./15. Jh. erbauten einschiffigen Kirche Sv. Katarina sind vor allem die farbenprächtigen Fresken sehenswert. Sie stellen u.a. ein "Lebendiges Kreuz (Živi Križ)" dar.

Gračišće

Etwa 10 km östlich von Pazin in 454 m Höhe liegt das Dorf Gračišće, in dem noch Teile der einstigen Stadtbefestigung, ein Stadttor und ein Wehrturm erhalten sind. Am sehenswerten Dorfplatz steht eine Loggia von 1549, die im Stil der venezianischen Spätgotik errichtete Bischofskapelle, eine Marienkapelle sowie der im 15. Jh. errichtete Salamun-Palast, ebenfalls ein typisches Beispiel für die venezianische Gotik. Von der Pfarrkirche am Dorfrand hat man einen herrlichen Ausblick auf die hügelige Landschaft hin zum Ćićarija-Gebirge und zum Učka-Massiv.

Pićan

Das kleine Dorf Pićan (knapp 300 Einwohner) liegt weitere 4 km östlich auf einem 360 m hohen Bergrücken. Der Ort wurde bereits im 5. Jh. als Bischofssitz erwähnt. Aus dieser Zeit ist noch die ehemalige Kathedrale Mariä Verkündigung (Navještenje Blažene Djevice Marija) erhalten, die im 18. Jh. barockisiert wurde. Ihr 48 m hoher Glockenturm zählt zu den höchsten in Istrien.

Auf dem Friedhof etwas außerhalb des Ortes steht die kleine Kirche Sv. Mihovil. In ihr sind Wandbilder aus dem 15. Jh. erhalten.

Vom Rand des Ortes hat man einen beeindruckenden Ausblick in das Tal der Raša und über den gesamten Südosten der Halbinsel Istrien.