Risan
Der kleine Ort Risan (kyrillisch: Рисан, 2000 Ew.) befindet sich im innersten Winkel im Norden der Bucht von Kotor zu Fuße des Orjen-Gebirges, dessen Kalksteinwände direkt hinter dem Ort fast 1000 m steil aufragen. Der Ort ist vor allem durch die römischen Mosaike bekannt, die 1930 bei Bauarbeiten entdeckt wurden. Bei Touristen ist Risan vor allem wegen seiner Strände sowie als Ausgangspunkt für Gebirgstouren in das Orjen-Gebirge beliebt.
Heute erinnert nur noch wenig an die große Vergangenheit Risans als älteste Ansiedlung, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum im Bereich der Bucht von Kotor. Das Ortsbild wird vielmehr durch das Hotel Teuta sowie ein großes Klinikzentrum geprägt.
Risan (2014)
Verkehrstechnisch ist Risan &uum;ber die Küstenstraße, die die Bucht von Kotor umrundet, mit Herceg Novi im Westen (26 km) sowie Perast (6 km) und Kotor (18 km) im Süden verbunden. Zudem zweigt in Risan eine gut ausgebaute Straße auf die Passhöhe (1594 m) ab und verbindet Risan mit Nikšić im montenegrinischen Hinterland und mit der Herzegowina.
Geschichte
Als älteste Ansiedlung im Bereich der Bucht von Kotor wurde Risan bereits im 4. Jh. v.Chr. als griechische Kolonie gegründet. Als sicherer Hafen diente Risan vor allem dem Handel mit der illyrischen Bevölkerung. Von dem hier ansässigen Volksstamm leitet sich auch der damalige Name der Stadt, Rhizon, ab.Obwohl Risan bald zu einem bedeutenden Handelszentrum aufstieg und sogar das Münzrecht erhielt, war der Ort wahrscheinlich niemals eine eigenständige Polis. Vielmehr übernahmen mehrfach illyrische Herrscher die Kontrolle der Stadt. Im Jahr 229 v.Chr. wurde Risan als Zufluchtsort der illyrischen Königin Teuta, die von den Römern bedrängt wurde, für wenige Jahre sogar Herrschaftssitz.
In dieser Zeit hatte Risan zwischen 5000 und 10000 Einwohner und war somit eine bedeutende Stadt der Antike. Das beweisen u.a. die Reste einer ein Kilometer langen Stadtmauer sowie der mit über 4000 Münzen größte Münzfund aus griechischer Zeit, der bei Ausgrabungen in der Stadt gefunden wurde. Daher wurde die Bucht auch als Sinus Rhizonicus - Bucht von Rhizon - bezeichnet.
Nach dem Zweiten Illyrischen Krieg (219-215 v.Chr.) kam Risan, wie die gesamte östliche Adriaküste, unter den Einfluss Roms und wurde mit dem Namen Risinium unter Kaiser Augustus in die Provinz Dalmatia eingegliedert. Als Municipium konnte Risan seinen Status als regionales Handelszentrum bis zum Untergang des Römischen Reiches im 6. Jh. bewahren.
Risan: Römisches Mosaik (2014)
Nachdem Risan zu Beginn des 6. Jhs. noch als Bischofssitz erwähnt wird, wurde die Stadt am Ende des 6. Jhs. während der Einfälle der Awaren und Slawen zerstört und schließlich aufgegeben. Erst im 8. Jh. findet Risan als unbedeutende slawische Siedlung wieder Erwähnung. Dennoch war der Ort immer befestigt, wie eine kleine Burg oberhalb der Siedlung bezeugt. Politisches, wirtschaftliches und religiöses Zentrum der Region war inzwischen das benachbarte Kotor, wo im 9. Jh. auch ein neues Bistum eingerichtet wurde.
Nach 1370 gehörte Risan zum montenegrinischen Fürstentum der Balšić-Dynastie. Nach deren Ende wird der Ort 1421 wie die meisten Orte an der Bucht von Kotor venezianisch.
Zu Beginn des 16. Jhs. wurde Risan von den Osmanen eingenommen und war neben Herceg Novi einer der beiden türkischen Brückenköpfe an der Bucht von Kotor. In dieser Zeit gab es in Risan eine kleine osmanische Garnison mit etwa 100 Soldaten und 300 bis 400 meist serbischen Einwohnern, die vorwiegend aus der Herzegowina stammten.
Während des Großen Türkenkriegs von 1683 bis 1699 konnte Venedig 1687 die Stadt zurückerobern. Der Friede von Karlowitz bestätigte 1699 der Republik Venedig den Besitz.
Nach dem Untergang Venedigs im Jahr 1797 wechselten an der Bucht von Kotor russische, englische und französische Besatzungen. Auf dem Wiener Kongress wurde 1814 die Bucht und damit auch Risan schließlich bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 Teil der österreich-ungarischen Doppelmonarchie. Danach gehörte Risan dem neu gegründeten Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen an und wurde 1944 zum Ende des Zweiten Weltkriegs Teil der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro.
Sehenswürdigkeiten
Aus römischer Zeit sind in Risan noch die Reste mehrerer Villen mit zum Teil bedeutenden Mosaiken, zumeist aus dem 2. Jh., erhalten geblieben. Sie wurden bei Bauarbeiten im Jahr 1930 entdeckt und in den Folgejahren freigelegt. Die Grabungen, die - unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg - bis 1956 andauerten leitete derbekannte Archäologe Sir Arthur Evans, der auch an der Ausgrabung des minoischen Palastes von Knossos auf Kreta beteiligt war.
Risan: Römisches Mosaik (2014)
Das bedeutendste Mosaik zeigt eine Darstellung des Gottes Hypnos. Es wurde in einer Villa mit fünf unterschiedlich großen Zimmern entdeckt, die sich auf einer Fläche von 31x38 m um ein Atrium gruppieren. Vier der Zimmer enthielten bei ihrer Entdeckung nahezu unversehrte Mosaiken. Zudem wurden Fragmente der Malereien entdeckt, die die Wände der Zimmer ursprünglich zierten.
Leider wurde der Fundort erst in den letzten Jahren ausreichend gesichert, so dass die Mosaike stark gelitten haben. Restauriert sind sie heute wieder der Öffentlichkeit zugänglich.